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Vmuschelom Meeresrauschen der Muscheln

Die einen sagen, dass die Muschel gar keine Muschel ist, sie sei eine Schnecke, die anderen sagen, dass das Meeresrauschen in der Muschel gar kein Meeresrauschen sei, sondern der wilde, chaotische Widerhall der Umweltgeräusche.

Sicher stimmt es, dass eine Muschel eine Schnecke sein kann und das Getöse, das in ihr zu hören ist, auch die Resonanz der Umgebung.

Wer möchte das bezweifeln? Die Erdbeere ist ja auch keine Beere sondern eine Nuss, eine Sammelnussfrucht. Genauso verhält es sich mit einigen Meeresschnecken, die Klangsammelmuscheln sind.
Wie nicht jede Nuss eine Erdbeere ist, so ist auch nicht jede Schnecke eine Trägerin des Meeresrauschens.

Nur bestimmte spezifische Schnecken gehören zu der Gattung der Klangsammelmuscheln. Wenn eine solche Muschel Jahre, Jahrzehnte im Meer liegt, Tag für Tag, jahraus, jahrein, ohne Unterlass der Strömung des Meeres, dem Klang der Wellen ausgesetzt ist, wen wundert es, dass der Klang des Meeres in einer solchen Muschel zu hören ist?

Muscheln bilden schon in ihrem jüngsten Alter eine Schale aus Kalk und Mineralien und für ihren sensiblen Körper eine Auskleidung mit makellosem Perlmutt. Dieses Schutzgehäuse ist bei vielen Meeresmuscheln von Anfang an den Wellen seiner Umgebung ausgesetzt.

Während der Kalkschalengehäusebildung vibriert sie bei ihrer Aushärtung im Rhythmus des sie umgebenden Meeres, und das führt zu einer sogenannten Vibrationsaushärtung. Diese Vibrationsaushärtung ist im Leben einer Muschel wesentlich. Diese sich in dem Kalk niedergeschlagenen Vibrationen des Meeres, die Klangwelt der Wellen, speichert sich in dem Gehäuse der Muscheln, wird dort gegenständlich. Jede dieser Muscheln ist sozusagen der Archivar des sie umgebenden Meeres.

Seit einigen Jahren werden in dem chinesischen Forschungsinstitut „Klarer Regen“ Klangarchive der Meere aufgebaut. Die spezifischen Klänge von Lagune, Küsten, Buchten, Häfen, etc. werden katalogisiert. Dieses sehr umfangreiche Archiv wird mit einem ausgeklügelten KI-Progamm gekoppelt.

Das Programm mit dem angeschlossenen Archiv wird demnächst ins Netz gestellt.

Das Rauschen einer Muschel kann nun mit einem handelsüblichen Mikrofon aufgenommen und in das Programm eingespeist werden. Als zweiter Klang muss in einem nächsten Schritt zusätzlich auch eine kurze Frequenz der die Muschel umgebenden Töne hochgeladen werden. Das Programm rechnet die natürlichen Umwelttöne aus dem Gesamtklang der Muscheln aus und destilliert, isoliert das in dem Gehäuse gespeicherte Meeresrauschen der Muscheln.
Der Algorithmus ermittele in einigen Minuten aus einer ungezählten Anzahl von Archivaufnahmen die Herkunft und die Lokalität, die Lebenssituation, wie auch die Meerestiefe der Heimat der Muschel.

 

Literaur:
Cai Qingyu, Die Klangwelt der Muscheln, München 2021
Oswald Rudilf, Ein Vergleich der Klänge, Hamburg 2020
Brigitte Lembke, Der Fund, die Muschel, Hirschhorn, 1961
Anna Albrecht, Welt im Klang, Augsburg 1957